Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








10. Mai 2022

Contenance

 

Im Skulpturenpark Waldfieden in Wuppertal

 

Contenance

 

 

 

Contenance, mein Kind.

auch wenn die Welt brennt,

Lunten gelegt werden

an allen ihren Enden,

wenn Städte zerbersten,

Menschen sterben,

oder ihre Liebsten verlieren,

so dass sie fliehen ins Ungewisse.

 

Contenance, mein Kind,

auch wenn Deine kleine Welt

ins Wanken gerät,

Konstanten sich auflösen,

Menschen Dich verlassen,

Du Dich allein fühlst.

 

Contenance, mein Kind,

weine keine Tränen,

Du wirst mit ihnen zerfließen,

straffe die Schultern,

trage den Kopf hoch,

geh festen Schrittes,

bewahre die Fassung,

sie wird Dir Halt geben,

in 19. Sekunden

kann alles vorbeisein.

 

Anmerkungen: 

1. Meine Großmutter sagte manchmal zu mir: Contenance, mein Kind.

2. Nach 19 Sekunden (nach Abschuss in Russland (?) oder nach Detonation? ) soll eine Atomrakete alles Leben im Umfeld auslöschen. (Unter Vorbehalt zitiert)


© Annette Gonserowski

 

8. Mai 2022

Zum Muttertag

 


Es ist mein Bedürfnis, am Muttertag ein entsprechendes Kapitel aus dem Buch *Liebe Mutti* zu veröffentlichen. Das Buch schrieb ich nach dem Tod meiner Mutter.


Zum Muttertag

Lass mich vom Frühling erzählen! Von den heimgekehrten Schwalben, die hoch in den stahlblauen Himmel stoßen, um nah den weißen Wolken die Mücken zu jagen. Von den saftiggrünen Wiesen, aus denen die Blüten des Löwenzahns leuchten, den sattgelben Sumpfdotterblumen am Bach, dem Wiesenschaumkraut, das überschwenglich Besitz von den Wiesen nimmt.

Lass mich erzählen von dem Überschwang der  blühenden Obstbäume hinter Deinem Haus, die Deinem Grundstück für eine Weile den Zauber filigraner Schönheit verleihen.

Lass mich erzählen von dem hellen Grün der Lärchen, den zarten Blättern der Buchen, die Akzente zwischen dunkle Tannen setzen. Erzählen von den jungen Trieben der Tannen, die über dunklen Zweigen leuchten, von den Kerzen der Kastanien, auch in diesem Jahr.

Lass mich erzählen, von den springenden Wellen des Baches, den Wasserläufern im Tümpel, dem Vergißmeinnicht an seinem Ufer.

Lass mich erzählen von blühenden Hecken am Feldrain, vom Duft der die Sinne betört.

Lass mich erzählen, von den jungen Tieren, die ihren ersten Frühling erleben: dem feingliedrigem Kitz, dem anmutigen Fohlen, dem fröhlichen Lämmchen, dem Kälbchen, das übermütig um seine Mutter springt. Lass mich erzählen von neuem Leben.

Lass mich erzählen von jubilierenden Vögeln.

Lass mich erzählen von den Blumen in Deinem Bauerngärtchen, den Stauden, die vorsichtig ihre Knospen öffnen, Tag für Tag mehr, von Tulpen, Traubenhyazinthen und Tränenden Herzen....

Lass mich erzählen vom Schmetterling..........

Lass mich erzählen von wärmenden Tagen, von sternklaren Nächten und vom Kometen, der den Sichtkreis unseres Planeten verläßt.

Lass mich erzählen vom Leben.

Doch Lass mich schweigen, von der Traurigkeit. Lass mich verschweigen die Einsamkeit.

Lass mich verschweigen, wie sehr Du mir fehlst.

Lass mich schweigen.....

 

(c) Annette Gonserowski