Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








25. Oktober 2012

Anrufung des Himmelsjägers



für meinen Jäger-Zwilling

Hey, Orion,
Himmelsjäger,
nimm mich mit
in Dein Revier,
damit ich mit Dir
durch die Himmelsphäre streife
und mich vom Erdensein verlier.

Ich will mit Dir
am Himmel jagen,
durch Regen, Wolken,
Schnee und Sturm,
dabei vergessen
Erdenschwere, alle Schmerzen,
Müh und Plag.

(c) Annette Gonserowski

21. Oktober 2012

Meinem Zwilling







Den Abschied aushalten,
den Tod,
die Stille aushalten,
die Leere, 
die Gedanken zulassen,
die Traurigkeit,
das Vermissen ertragen,
die Endlichkeit,
weinen.

(c) Annette Gonserowski 

16. Oktober 2012

Meinem geliebten Zwilling



Es ist die Stille,
die so tröstend ist.
Kein Wort,
kein fremder Atemzug
steht zwischen uns.

Heut, 
wo die Blätter fallen
und die Vögel ziehen,
soll ich Dich gehen lassen.
Wie trügerisch ist der Gedanke.

Du warst mit mir
im Mutterleib,
warst bei mir unser ganzes Leben.
Du bist in mir
und in der Stille lebst Du fort.

(c) Annette Gonserowski

Vorbei

Zogst mit
dem letzten Vogelschwarm.
Kein Halten mehr!
Dein Duft,
ihr Schrei
verweht im Wind.
Vorbei - vorbei.
-
Such Spuren
nun im Abendrot.
Such Dein Gesicht.
Nur einen Hauch!
Nur einen Ruf
im Dämmern noch!
Vielleicht - vielleicht.
-
Unter'm letzten Blatt
am kahlen Zweig:
die Feder dort!
Ein Atemzug?
Ein Flügelschlag?
Wolken treibt
der Wind - der Wind.
 
(c) Annette Gonserowski
Dieses Gedicht schrieb ich für meinen Vater - nun ist es auch für seinen jüngsten Sohn, meinem geliebten Zwilling.

13. Oktober 2012

Traurigkeit



Es fiel ein Blatt,
das gestern grün
und voller Hoffnung war.
Es schwebte
sanft zur Erde
wie der Traum,
der im Erwachen
schwindet,
der Sehnsucht
in sich trägt,
wenn er uns streift
in Tagesstunden,
und wir weinen.


(c) Annette Gonserowski


12. Oktober 2012

Abschied






ca. 1977

ca.1978




 

Zwillingsgeschwister

für meinen Bruder Ulrich

Entsprungen sind wir einer Knospe,
geweckt hat uns ein Sonnenstrahl
-         zwei Blätter eines Baumes.

Zur selben Zeit sind wir gewachsen,
derselbe Sternenglanz traf unser Ohr,
uns traf gemeinsam Licht und Schatten.

Zwei Winde trennten unsere Zeit,
angstvoll sah ich Deinen Flug,
sah den gelösten Freudentaumel.

Der andere Wind riss mich dann mit,
ließ auch mich freudig tanzen
und trug mich fern von Dir.

Dort traf uns doch der eine Regen
und auch derselbe Tag.
Derselbe Wind hob uns empor,

ließ uns einander streifen
und trennte unseren Weg
zum selben Ziel des Humuswerdens.

(c) Annette Gonserowski
aus: Zwischen den Sonnengängen ca. 1984 
Mit diesem Gedicht nehme ich tieftraurig Abschied von meinem geliebten Zwillingsbruder. Er war meine zweite Hälfte.

9. Oktober 2012

Am See




Über dem Wasser
Libellen im Liebeswerben,
die Vögel im Flug.

Auf seinem glatten Spiegel
die Blätter der Ulme,
unser Bild - vertraut und nah.

(c) Annette Gonserowski

4. Oktober 2012

Heideherbst II



Dort, wo der Himmel
aufriß
ins Augenblau,
die Hufe der Pferde
trommelten
auf zerrinnenden Sand,
such ich die Spur
Deiner Worte -
Silbe um Silbe
verweht.

Nur noch Dein Lächeln
im Heidegras,
noch noch die Nähe
in dunkler Frucht.
In den Zweigen
die Vögel,
bald flüchtend
vor Kälte uns Eis,
nehmen sie mit -
unsere vergangene Zeit.

(c) Annette Gonserowski

2. Oktober 2012

Flohmarkt



Auf den Tischen Dinge
aus vergangenen Zeiten:
eine Kaffeetasse mit Goldrand,
der Kelch,
der Hut mit der verlorenen Feder.

Wir stehen davor,
erkennend,
erinnernd -
wieder weit und schutzlos
unser Herz.

Du lächelst mich an -
ich drück Deine Hand -
unvergänglich dieses
seit alter Zeit.

(c) Annette Gonserowski