Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








29. September 2023

Zeit

Foto (c) Kerstin Vedder 

 Die Zeit trödelte

in dieser langen Nacht,

wollt‘ nicht vergeh‘n,

hielt sich fest 

an dunklen Stunden,

schenkte mir erst Schlaf

im Morgengrauen

und einen Traum.


Der Morgenstern erlosch.


Nun reißt sie mich

in diesen Tag,

eilt mir voraus.

Ich folge nicht,

bleib in der Stille.

Der Tag verrinnt,

die Zeit, 

sie tröstet nicht.

Wie lang 

mag unsere Zeit

noch sein?

(c) Annette Gonserowski 


#zeit #poema #spaniengedicht #costablanca #annettegonserowski 

24. September 2023

Wohin


 

Wohin mit den rastlosen Gedanken,

die nicht ruhen wollen,

mir die Zeit stehlen,

mich unfrei machen?


Wohin mit der Unruhe,

durch die Gedanken genährt ,

die nicht zu Worten wird, 

mich nicht verlässt?


Wegscheuchen möchte ich sie,

wie ein lästiges Insekt,

das sich verirrt hat

in meine Welt.


(c) Annette Gonserowski


#wohin #gedanken #spaniengedicht #lyrik #poema #annettegonserowski #autorenkreisruhrmark  

21. September 2023

Halt

Meerzwiebel



Ich lege meine Hand 

in meine Hand, 

um bei mir zu sein,

mir Halt zu geben,

die Kraft zu spüren, 

die in mir strömt

und loszulassen. 

Ich lege meine Hand 

in meine Hand, 

um geborgen zu sein. 


(c) Annette Gonserowski 


#halten #kraft #annettegonserowski #sauerlandlyrik #poema #poemadecostablanca 

20. September 2023

Südlichlicher Park II

 

Vor diesem Park

Sehnsucht

Sehnsucht
nach diesem Park,
seinem Duft,
der aus den Blüten strömt:
aus der Jacaranda,
dem Jasmin
und unzähligen Namenlosen.
Sehnsucht 
nach dem Rauschen des Meeres
vor seinen Toren,
dem Möwenruf,
der die Stille durchbricht,
nach seinen verschwiegenen Ecken
hinter verwilderten Büschen,
der Geborgenheit
zwischen seinen Mauern,
brüchig geworden
im salzigen Meerwind.

Sehnsucht
nach dem Träumen
eines vergeblichen Gedankens,
nach den Menschen,
die wir einst waren,
unser unbeschwertes Lachen,
der Illusion von Glück.

Sehnsucht
nach uns.
(c) Annette Gonserowski 
#suedlicherpark #parkindenia #annettegonserowski #lyrik #spaniengedichte #poema #costablancagedichte 

Südlicher Park

 

Blick in genau diesen Park


Südlicher Park

In diesem Park weilen,
nahe des Meersaums,
in dem das Branden der Wellen,
das Rollen der Steine
herüberklingt.
Unter windgebeugten Pinien,
zwischen verwilderten Sträuchern
weglos in diese Stille.
Ein Tümpel,
ein raunender Bach,
Mücken im Spiel des Lichts,
verweht ins Haar eine Jasminblüte.
Sie wird zum Traum,
filigran und bunt wie ein Libellenflügel im Sonnenstrahl,
verletzlich wie er
im brausenden Sturm,
kommend vom Meer,
schwindend im Erwachen.
(c) Annette Gonserowski 
#südlicherpark #parkindenia #lyrik #costablanca #annettegonserowski #spaniengedichte #poema 

8. September 2023

Freundin

 

 






Auch wenn ich still bin,
weißt Du,
was ich sagen möchte,
sammelst Worte
aus meinem Schweigen,
liest in mir
wie in einem offenen Buch.


Auch Du schweigst,
legst Deine Arme um mich.

(c) Annette Gonserowski 

 

#freundin #freundschaft #verstehen #verständnis #lesen #schweigen #sauerlandlyrik #annettegonserowski #kierspe 

7. September 2023

 


 

Der Autorenkreis Ruhr-Mark e.V. veröffentlichte eines meiner alten Gedichte.

Manche habe ich gar nicht mehr in Erinnerung. 

Ich habe in den langen Jahren meines Schreibens ca. 3000 Gedichte geschrieben und gespeichert. 

Da verliert man schon mal den Überblick. 

:-)

https://www.autorenkreis-ruhr-mark.de/auch-heute/


#autorenkreisruhrmark #annettegonserowski #sauerlandlyrik #kierspe

1. September 2023

Lückenfüller




Lückenfüller 

wurde ich,

drehte meine Ecken und Kanten,

um die klaffende Leere zu füllen.

Doch der Mörtel war brüchig.

Den Halt verlierend,

zu Boden stürzend,

sah ich:

die Leere wurde gefüllt

mit beliebigen Dingen,

die austauschbar sind

wie ich. 


(c) Annette Gonserowski 


#annettegonserowski #sauerlandlyrik #sauerland #kierspe #poesie #


28. August 2023

Besuch am Grab des Dichterfreundes


(c) Michael und Peter Starcke 

Das nachstehende Gedicht widmete ich Michael:

An einen Dichter

Ach, Michael,
zu Deinem Buch greife ich,
um die Stille zu lesen,
in dieser lauten Welt,
um Deine Gedanken zu atmen
und mich zu erinnern
an Deine Stimme,
an Deine Augen,
an Dich.

Ach, Michael,
Zwillingsbruder im Geiste.
Deine Worte lese ich,
bin angekommen
in unserer Welt,
in der Stille.

(c) Annette Gonserowski

Gestern besuchte ich das Grab meines Dichterfreundes Michael Starcke, der gemeinsam mit seiner Frau auf dem Dortmunder Ostfriedhof bestattet wurde.

Sehr gern denke ich an diesen liebenswerten Freund und großartigen Dichter zurück.

Ich lernte ihn bei der Preisverleihung des vom Autorenkreis Ruhr-Mark ausgelobten Literaturpreisees kennen. Er belegte den 1.Platz in der Sparte Lyrik und ich konnte ihm  den Preis überreichen. 

Unser intensiver Austausch über Poesie und das Leben, das Freude und Inspiration war, war ein Geschenk.

Michael, Zwilling wie ich, widmete mir das obenstehende Gedicht, das in dem gemeinsamen mit seinem Zwillingsbruder Peter veröffentlichen Buch „Zwillinge“ Buch erschien.

 


#annettegonserowski #dichterfreund #michaelstarcke #sauerlandlyrik #sauerland #poesie #zwilling #zwillingsdichtung #kierspe #ostfriedhofdortmund 

27. August 2023

40 Jahre Mitglied im Autorenkreis Ruhr-Mark e.V.

(c) Dr. Bernd Kämper 

 

Gestern wurde ich im Autorenkreis Ruhr-Mark e.V. für 40 jährige Mitgliedschaft geehrt. Es wurden so viele liebevolle, ehrende Worte gesagt,Geschenke überreicht,  dass ich sehr berührt bin.

Ein älteres Mitglied kam kurz vorbei, um mir sein vor vielen Jahren geschriebenes Gedicht zu widmen, in dem er mich findet.

Der Autorenkreis Ruhr-Mark e.V.  ist meine literarische Heimat. Jede Tagung ist ein Nachhausekommen.Der Austausch ist tiefes Verständnis und Inspiration.

Dank an alle Mitglieder und den Vorstand. Viele von Euch wurden zu Freunden.

Meine Tätigkeit im Autorenkreis Ruhr-Mark e.V. :

17 Jahre Schatzmeisterin, 4 Jahre 2. Vorsitzende, 4 Jahre 1.Vorsitzende und jetzt auf eigenen Wunsch nur noch Beirätin. 



(c) Annette Gonserowski


#autorenkreisruhrmark #ehrung #annettegonserowski #sauerlandlyrik #40jahremitglied


19. August 2023

Arbeitslos

 

Nacht über Meinerzhagen

 

 

Arbeitslos

Er steht an der Straßenseite unter den Zweigen der alten Buche. Die blattlosen Zweige werfen im Scheinwerferlicht bizarre Schatten auf sein Gesicht. Er ist in den Baumschatten eingetaucht, während die Laterne, drei Bäume weiter, diffuses Licht auf die Straße wirft.

Der Ostwind lässt die Zweige knarren und ächzen, zerrt an den Hosenbeinen seiner Jeans, die er in wärmende Boots geschoben hat. Die Kapuze seiner wattierten Jacke hat er über den Kopf gestülpt, die Kordel unter dem Kinn festgezurrt.

Er schaut auf die Zufahrt zum Werk, das sich auf der anderen Straßenseite ausdehnt. Sie ist leer, wie immer um diese Zeit. Nur ein LKW mit dem Kennzeichnen eines fremden Landes steht auf dem Parkstreifen. Die Gardinen der Fahrerkabine sind zugezogen, die Standheizung summt.

Die Wachstube der Werkswache ist erleuchtet. Sie wird es die ganze Nacht sein.  Die Schranke, die die Zufahrt zum Werk versperrt, ist geschlossen. Die Monitore im Hintergrund der Wachstube schimmern bläulich: alle Zufahrten des Werkes sind auf ihnen zu sehen.

Der wachhabende Werkschutzmann telefoniert, das kann er erkennen. Hin und wieder schaut er in seine Richtung. Vor einigen Wochen ist er aus der Stube herausgekommen, zu ihm herüber, hatte ihn gefragt: „ Warum stehen Sie hier jeden Abend?“ 

Er hatte geantwortet: „Ich warte“.

„Auf was?“ hatte der Wachmann gefragt.

Da hatte er nur die Schultern hochgezogen, der Wachmann war kopfschüttelnd zurückgegangen. Seitdem lässt er ihn in Ruhe dort stehen.

Die Kirchturmuhr schlägt 7 Uhr abends.

Jetzt wird er gleich kommen, wie an jedem Abend. Punkt 7 Uhr verlässt er, der Personalchef, stets das Werk. Zuerst werden die Scheinwerfer seines PKWs die kleine Anhöhe innerhalb des Werksgeländes erhellen, dann wird der Wagen hinunterrollen, an den Hallentoren vorbei, die vom Zaun durch eine Werksstraße getrennt sind.  Schon wenn er die Biegung zur Werksschranke befahren wird, wird diese sich heben, sein PKW langsam heran  rollen, er grüßend die Hand heben. Die Pförtner werden zurückgrüßen. Wenn er das Werksgelände verlassen hat, wird die Schranke sich hinter ihm schließen.

 Und schon erscheinen die Scheinwerfer auf der Anhöhe. Sein Wagen rollt langsam zur Schranke. Alles geschieht wie immer. Wie immer schaut der Mann hinter dem Steuer im Vorbeifahren für den Bruchteil einer Sekunde zu ihm, um uninteressiert fortzuschauen.

 Vor einigen Jahren war er einmal in seinem Büro.

Damals gehörte  er dazu, war  Arbeiter des Werkes, war täglich durch das Drehtor neben dem Pförtnerhaus gegangen, das Stecken seiner kodierten Stempelkarte hatte ihm Einlass gewährt.  Von dort war  er stets zu der Werkshalle gegangen, in der er arbeitete,  hatte sie durch das große Hallentor betreten, war zu seinem Arbeitsplatz gelangt.  Er  hatte dort  gerne gearbeitet, sich ganz zugehörig zu der Belegschaft gefühlt,  die fast wie eine große Familie war. Wie stolz war er gewesen, als er bei einem Tag der offenen Tür seine Familie an seinen Arbeitsplatz führte. Sie hatten gestaunt, als er ihnen den Roboter erklärte, der die Rohlinge auf das Laufband legte, das sie zur Presse fuhr. Mit großen Augen hatten sie geschaut, als das Rohmaterial, von den starken Armen des Roboters gegriffen, rotglühend aus dem Heizofen genommen und in die riesige Presse gehoben wurde, wie die Presse sich senkte und das  Material in Form presste.

Er hatte dazu gehört, bis zu dem Tag, der das Leben vieler Menschen veränderte. 

Erst hatte man darüber gemunkelt, dann hatte man darüber geredet und dann wurden Listen mit sozialen Merkmalen erstellt, mit denen die Mitarbeiter festgelegt wurden, die entlassen werden sollten. Da war es sicher: es würden viele sein.  In unbeobachteten Momenten hatten sie sich heimlich beobachtet, gehofft, dass es der Kollege sein würde, auf den die Sozialauswahl treffen würde.

Und dann war dieser Tag gekommen, der sein Leben verändert hatte.  Der Tag, an dem die Kündigungen ausgesprochen wurden.

Als sein Vorgesetzter ihn und zwei Kollegen aufforderte in die Personalabteilung  zu gehen, da hatten sie gewusst, was sie erwartete. Er war gemeinsam mit seinem Kollegen die Anhöhe auf  der anderen Seite herunter gegangen, in Richtung des Verwaltungsgebäudes, festen Schrittes, die Schultern gestrafft, den Kopf erhoben, sich gegenseitig Mut machend, während ihr Herz sich vor Aufregung zu überschlagen gedroht hatte.

Die Sekretärin im Vorzimmer hatte sie bedrückt  angeschaut und sofort die Tür zum Personalchef geöffnet.  Der war auch ernst gewesen, als er ihnen das Kündigungsschreiben überreicht hatte. Er hatte versucht  aufmunternde Worte für sie zu finden, dass sie doch noch jung seien und sie bestimmt eine Arbeit finden würden. Und wenn die Auftragslage in der Firma sich wieder bessern würde, ja, dann würde er sie wieder einstellen. Er hatte ihnen sogar eine Zigarette angeboten, die sie mit zitternden Fingern entgegengenommen hatten.

Auf dem Rückweg die Anhöhe hinauf hatten sie ihre Fassung verloren. Schleppenden Schrittes, mit hängenden Schultern, waren sie in Richtung ihres Arbeitsplatzes gegangen, hatten sich nicht der Tränen geschämt, die über ihre Wangen gelaufen waren.

Die Sekretärin hatte  hinter dem Fenster ihres Büros gestanden, ihnen nachgeschaut, dicke Tränen waren auch über ihre Wangen gelaufen.

Er hatte danach verschiedene Arbeiten angenommen. Oft waren sie nicht von langer Dauer gewesen. Die Beschäftigungslage in der Region hatte sich verschlechtert.

Eine der großen Firmen des Ortes hatte sein Werk ins Ausland verlegt.

Eine andere Firma war von ausländischen Investoren aufgekauft, die Gewinne abgeschöpft und das Werk geschlossen worden.

Viele kleine Zulieferfirmen hatten daraufhin ebenfalls ihre Betriebe aufgeben müssen. Viele Arbeitsplätze waren verloren gegangen.

„Ein Arbeitsplatz. das wäre wie ein Gewinn im Lotto“, sagte er sich manchmal. Aber an Glücksspielen hatte er sich nie beteiligt .

Oft hatte er versucht, wieder Mitarbeiter des Werkes zu werden. Sehr viel Mühe hatte er sich gegeben ein Bewerbungsschreiben zu verfassen, hatte diesem seinen Lebenslauf beigefügt, in dem all die Tätigkeiten vermerkt waren, die er verrichtet hatte.  Von Bewerbung zu Bewerbung wurde die Liste der kurzfristigen Arbeitszeiten länger.

Diese Bewerbungsschreiben hatte  er selbst beim Pförtner abgegeben.  Ins Werk hatte man ihn nicht mehr gelassen.  Niemand, der keine Einladung hatte, gelangte in das Werk.

 

Immer kam nach wenigen Tagen das Bewerbungsschreiben zurück. Immer stand im Schreiben  derselbe Satz: „Leider können wir Ihnen keinen Arbeitsplatz anbieten.“

 

An vielen Tagen danach war er deprimiert gewesen, hatte  mit sich und der Welt gehadert, sich in seiner Wohnung verkrochen: sein Selbstwertgefühl war tiefer im Boden, als das je erkannte schwarze Loch, in das er fiel.

 

Es hatte Zeiten gegeben, da war er wütend geworden, wenn er den Absagebrief erhielt. Man kannte ihn doch! Warum stellte man ihn nicht ein?

Dann hatte er angerufen.  Die Sekretärin hatte ihn erkannt.

Das Ergebnis war das gleiche: man stellte niemand ein.

Die Kirchturmuhr schlägt nun 20 Uhr. Gleich wird Schichtwechsel sein. Seine ehemaligen Kollegen werden durch das Drehtor treten, zum Parkplatz gehen , in ihre PKWs steigen und nach Hause fahren – so wie er es auch immer gemacht hat.

Seinen PKW hat er schon lange abgemeldet und verkauft.

Früher konnte er sich und seiner Familie spontan kleine Wünsch erfüllen, heute betreten sie voller Scham die Ausgabestelle, in der die Kirchengemeinde monatlich einmal Lebensmitteln für sie bereithält.

Seine Frau klagt nicht. Aber er hat ihre traurigen Augen gesehen, als sie die Tochter tröstend in den Arm nahm, die weinte, weil sie in der Musikschule abgemeldet wurde.

Jetzt kommen die ersten Werksangehörigen aus dem Hallentor, streben in Richtung des Drehtors.

Nun wendet auch er sich ab, geht tiefer in den Baumschatten, geht  hinein in den Park, macht sich auf den Weg.

 (c) Annette Gonserowski

aus meinem Buch: "Immer schaut ein Mensch hervor", ISBN 9783757575496



Die Nachricht und die Gewissheit, dass der größte Arbeitgeber in Meinerzhagen Entlassungen "im mittleren dreistelligen Bereich" (500 bis 600 Mitarbeiter*innen) vornehmen wird, wurde durch Geschäftsleitung, Presse, TV und Rundfunk mitgeteilt,

Ich als ehemals Mitarbeiterin in der Personalabteilung habe vor vielen Jahren diese fiktive Geschichte geschrieben, die sich so oder anders hätte abspielen können.

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht gegeben und nicht beabsichtigt.

#arbeitslos #entlassung #meinerzhagen #ottofuchs #verlegunginsausland #wirtschaftskrise #automotive #sauerland #sauerlandliteratur #annettegonserowski #kierspe