Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








25. Februar 2015

Lesen





Vor dem Fenster
noch Nacht.
Flocken im Lampenlicht
in langer Reihe
vom Himmel herunter.
Weiß auf den Rhododendronblättern
und Fichtennadeln.

Hinter dem Fenster
zwischen Federn
und wärmenden Kissen,
berühre ich die Worte,
zaghaft mit tastenden Wimpernschlägen,
bis das Herz holpert,
heraus möchte
aus der Enge der Rippenbögen,
ich das Fenster öffne,
ins Dunkel rufe:
Zwilling!


(c) Annette Gonserowski

23. Februar 2015

Zwischen den Worten



Heute möchte ich bleiben
zwischen den Bettfedern,
den Schneeflocken zuschauen
durch das geschlossene Fenster.

Einfach weilen,
zwischen Deinen  Zeilen,
bis der Tag erwacht
zwischen den Worten.

(c) Annette Gonserowski

20. Februar 2015

Einladung zur Lesung



Dijon-Metz



Fast unbemerkt
der Übergang
vom Grün,
zum Grau,
zum Weiß
auf dem Land,
von der Wärme
des Südens,
zur Kälte des Nordens.
Sie wird uns nicht verlassen,
den Winter lang.

(c) Annette Gonserowski

18. Februar 2015

Reisegedicht




Auf der Fahrt
aus dem Süden
nur zögerlich
der Schnee in den Bergen,
so als wollten die Flocken
uns behutsam einstimmen
auf die Kälte des Nordens,
uns den Urlaub nehmen
schwebend im Tanz.

(c) Annette Gonserowski

15. Februar 2015

Lesung in Breckerfeld

Bei der gemeinsamen Lesung mit Brigitta Willer las ich im Stadtmuseum Beckerfeld.

Im zweiten Teil der Lesung las ich aus dem Buch "Wortnah" Dialoggedichte von Gerhard Rombach und mir.
Vor der Lesung


Nach der Lesung


12. Februar 2015

Frühling - ВЕСНА

Das erste Schneeglöckchen in unserem Garten


Habe das Gestern
vergraben,
mit seinem trocknen
Wurzelballen,
tief unter die Erde.

Nun steh ich
fassungslos
vor aufgewühltem Lehm,
aus dem ein Zweiglein ragt,
mit grünen Stundenblättern.


(c) Annette Gonserowski


ВЕСНА

 

Поховала

своє вчора,

з його сухим

корінняччям

глибоко в землю.

 

Стою тепер

розгублена

і дивлюсь на горбик землі,

з якого пробилась зелень

свіжих липких листочків.


Übersetzung Alla Ilnysta


Ich bin dankbar, dass die gestrigen Friedensverhandlungen in der Ukraine stattgefunden haben.
Hoffen wir von ganzem Herzen, dass sie zum Frieden führen.

Dieses Gedicht betrachte ich als Hoffnungsgedicht. Es übersetzte vor einigen Jahren eine ukrainische Freundin.
 

 

10. Februar 2015

Politische Talkshow



 (für Matthias Platzeck)

Während die Talkmasterin
mit den Augen flirtet
zur Linken hin,
Säbelgerassel und Kriegsgeschrei
zu ihrer Rechten,
lausche ich den Worten
des Mahners in der Mitte.
Vertraut mit der Seele des Anderen,

beschwört er die Bilder des Grauens,
wie es überfluten wird das Land,
Tod und Verderben bringt.

Jetzt könnten Worte noch retten,
vielleicht,
seine leisen, bedrückenden Worte,
zueinander gesprochen von den Mächtigen.

Hören diese sie nicht???!!!
Ich möchte ihm zurufen:
Schrei!!!!!!!

(c) Annette Gonserowski

8. Februar 2015

Krisengipfel





Sie kamen geflogen
von Westen,
wie spitze Pfeile
zur runden Scheibe,
geworfen von fremder Hand.

Ihre Worte sind lauter geworden
gegen den Wind,
der vom Norden weht
sich auswächst zum Sturm
vor unseren Fenstern.

Noch sind es die Frauen,
die Einhalt gemahnen,
sich schützend
vor die Frucht ihrer Leiber
stellen.

Die Welt brennt unter der Decke.
Noch sind es Worte,
die sie halten.
Schau, wie sie zu glimmen beginnt,
an allen Ecken und Säumen.

Was wird geschehen,
wenn sie das Zimmer verlassen?
Hören sie die Stimmen, die rufen,
dass sich die Prophezeiungen erfüllen,
Phosphor den Himmel bedecken wird?

Schon jetzt ziehen Kinder,
Gewehre geschultert,
zwischen berstenden Mauern,
zwischen denen einst Raum
für das Leben war.

Meine Worte scheinen vergeblich zu sein,
lautlos im Dröhnen der Waffen.
Sie vergehen wie eine  Schneeflocke
im Kerzenschein,
der erlöschend eingeht ins Dunkel.

(c) Annette Gonserowski

Eine schlechte Zeit (oder: Krieg)



Es ist eine schlechte Zeit
um Gedichte zu lesen,
einzutauchen
in die wohlige Wärme
der Worte,
während die Welt brennt
vor meinem Haus,
Schreie, Hass und Sterben
hereindringen
durchs geschlossene Fenster.
Kein Asyl
in den Zeilen eines Gedichtes,
während es in den Ohren dröhnt,
was nicht zu überhören ist:
Krieg!

(c) Annette Gonserowski

3. Februar 2015

Verdammtes Glück



Verdammtes Glück
für M.
 
Ich bin gerührt
vor Freude und Trauer,
dass schon am Morgen
die Tränen fließen,
das Herz rast,
als würde es Anlauf nehmen
zum Aufschwingen am Meer.
 
Da berühren mich Worte,
als würde ich den Fuß setzen
in wandernde Düne,
mich Sand zärtlich umhüllen
in feinem Sog.
 
Worte,wie lockende Wellen,
die hinaustragen
ins Licht und die Weite.
die hinter sich lassen
das Land und den Alltag,
die Nachrichten,
die heute grausam und schwarz
in der Zeitung stehen.
 
Zwischen den Worten
die Bilder,
Augen des Zwillings,
die hervorlugen
zwischen raschelnden Palmwedeln,
wahrgenommen
im Spiel des Lichts und des Schattens.
 
(c) Annette Gonserowski
 
Dieses Buch ist einfach wundervoll!
 
- Ich bin wieder zurück aus südlichem Aufenthalt, bei dem man mir bei einem Einbruch meinen Laptop stahl und mich abschnitt vom Netz. -
 
 
 

25. Januar 2015

Am Meer





Wieder der Blick
auf das Meer,
auf die Sonnenglitzer
auf Wellenkämmen,
auf die Bläue des Himmels
im Wasser,
auf die Brandung,
den feinen Sand am Strand.

Ruhe -
wäre da nicht das Schweigen
der Gekenterten am Grund,
die Verzweiflung der Fliehenden
am anderen Ende des Meeres,
wären da nicht
die Kriege.

24. Januar 2015

Am Meeressaum



Mit geschlossenen Augen

lauschen am Meeressaum,
auf das Rollen der Kiesel
am Grund,
auf das Branden der Wellen
voll Gischt.

Jede siebte Welle
ist größer,
sagt man,
nicht,
was sie bringen mag -

den Ruf der Freiheit
vielleicht,
eine Muschel
voll Hoffnung?
Vielleicht das Sterben
gekenterter Seelen?

Weilen
und lauschen,
mit geschlossenen Augen,
bis der Wind
wütend herunterfällt
vom Berg.

Er verlor seine Beute
über dem Land:
den Duft der beginnenden Orangenblüte,
die losen Blätter der Platanen,
den knorrigen Ast
des Olivenbaums.

Er verschließt unsere Ohren,

verschlingt das Rollen der Kiesel,
das Branden der Wellen-
fremd und verweht an den Strand
das Blatt einer Bougainvillea
und ein vertriebener Hund,
das Rollen der Kiesel.

(c) Annette Gonserowski

30. Dezember 2014

Erinnerung



Ein Blick vielleicht,
ein Ort,
ein Duft vielleicht,
eine Melodie,
der Wind vielleicht,
der mich vor sich hertreibt
mit dem Sandkorn
ins Nirgendwo,
in die Erinnerung.

(c) Annette Gonserowski

27. Dezember 2014

Offline



Den Stecker ziehen,
das Internet kappen,
das Handy ausschalten.
Fern von TV und Nachrichten
des Leben aushalten,
die Nähe, die Ferne,
die Liebe, die Einsamkeit,
die Erfüllung, das Sehnen.

Jetzt die Augen öffnen
für das Nahe:
den Himmel,
wolkenlos oder verhangen,
das Singen oder Schweigen
der Vögel,
das Blätterrauschen oder
die blattlosen Zweige.

Jetzt erkennen:
die Heimat ist in dir,
überall.

Den Nächsten sehen,
lieben.

(c) Annette Gonserowski

26. Dezember 2014

Insel



Jogagruppe am Strand

Auf der inneren Insel sein,
fernab der Zeit -
kein Ende eines Jahres,
kein Neubeginn,
kein Sehnen, Hoffen
oder Vermissen.

Im Jetzt
des eigenen Lebens sein.

Für einen Moment
fern der Kriege und Katastrophen,
erkennen,
das auch das Welt ist:
das Licht und die Wärme -
dankbar sein.

(c) Annette Gonserowski


25. Dezember 2014

Weihnachtsgrüße


Allen Freunden und Lesern meines Blogs wünsche ich von Herzen ein frohes, besinnliches Weihnachtsfest.

Nachstehend mein Part eines Dialoggedichts aus unserem soeben erschienen Buch "Wortnah - Dialoggedichte". Vielleicht macht es bewußt, dass das plüschige Goldflimmern oftmals vom eigentlichen Sinn dieses Tages ablenkt.


Entstauben


Den Goldflimmer

aus den Gedanken schütteln,

vom plüschigen Samt

die Seele befreien -

jetzt die Ahnung des Schnees einatmen,

der Eiskristallglitzern in die Augen weht,

in seiner unverbrauchten Kühle

das Herz weit werden lassen,

die Lungen mit Neuem füllen.

 (c) Annette Gonserowski

14. Dezember 2014

Mein Patenkind

8. Dezember 2014

Dir nah




für Papa

Auf dem Weihnachtsmarkt,
unter dem Lichterbogen,
inmitten der eilenden Menge,
allein.

Am Horizont
unter eilenden Wolken,
allein zwischen dunklen Tannen,
Dir nah.

(c) Annette Gonserowski

1. Dezember 2014

Das erste Türchen

Von meinem Seelenschwesterlein erhielt ich den wunderschönen Adventskalender mit persönlichen Fotos und leckeren Köstlichkeiten. So freue ich mich täglich auf die Überraschungen, die Gaumen und Herz verwöhnen.

1. Türchen

Erster Dezember:
bei Kerzenschein und Freude
die Tür geöffnet.

Dahinter verbergen sich
Zuversicht, Kraft und Stärke.

(c) Annette Gonserowski und Rosalva Godim






Manchmal *überfällt* mich ein Gedicht und ich muss schon am Frühstückstisch zum Stift greifen und es notieren, wie hier auf einen gebrauchten Briefumschlag.

29. November 2014

Begegnung bei einer Vernissage



Blicke, die begegnen,
dreifaches Lächeln,
wenige Worte -

über die Schulter
der Blick zurück,
interessiertes Nachschauen -

Streiflichter,
flüchtig
und schön.

Erinnernd: gestreiftes Futter
am karierten Jackenzipfel,
ein Schal,

die Lässigkeit,
das Leichte
des Augenblicks

und unser Kichern,
Freundin,
jung und fröhlich.

(c) Annette Gonserowski

26. November 2014

Begegnungen



Auqarell aus meiner Serie Menschen


Es gibt sie,
diese Menschen
in der anonymen Menge,
denen begegnen wir
im Vorwärtsschreiten,
empfangen wie feinste Signale
ihre Blicke,
erkennen Vertrautes,
nehmen sie mit
in den Gedanken.


Aquarell aus meiner Serie Menschen

20. November 2014

Vorfreude auf Advent



Mit meiner Dichterfreundin Rosalva Godim schrieb ich vor einigen Jahren Renga-Adventsgedichte.
Sie sind eine japanische Gedichtform, die aus einem Oberstollen mit 5-7-5 Silben und einem Unterstollen mit 7-7 Silben besteht. Der erste Dichter schreibt den Oberstollen, der zweite Dichter den Unterstollen und die Überschrift.
Es macht sehr viel Freude, gemeinsam ein solches Gedicht zu schreiben.

Rosalva Godim wurde durch die Karten des Graphikums-Verlags bekannt, auf denen ihre Gedichte veröffentlicht wurden.

Kürzlich erreichte mich ein wunderschönes Vor-Advents-Geschenk: einen immerwährenden Adventskalender, von dem ich eine Seite hier zeige.


Vorfreude auf Advent

Adventskalender
mit vierundzwanzig Türchen
noch fest verschlossen.

Vorfreude im Herzen -
das Strahlen in den Augen.

(c) Annette Gonserowski und Rosalva Godim

13. November 2014

Noch einmal





meinem Zwilling gewidmet

Noch einmal
dich anrufen zur Morgenzeit,
dir den Traum erzählen,
der in mir ist
noch im Erwachen,
in dem du bist.

Noch einmal
deine Stimme mitnehmen
in meinen Tag
und die Gewissheit,
dich zu sehen
am Abend.

Noch einmal
mich auf dich freuen,
bei jedem Glockenschlag,
der dich mir näher bringt,
an diesem lieben,
langen Tag.

Noch einmal
so voll Vorfreude sein,
dass das Herz 
zu überschlagen droht,
und zu wissen,
dass du auf mich wartest

nach der nächsten Ecke
und mir entgegensiehst,
voller Freude und Gelassenheit,
weil du sicher bist,
dass ich zu dir eile.

(c) Annette Gonserowski

12. November 2014

Zugvögel


Die Kraniche ziehen gen Süden- immer wieder eine wehmütige Stimmung


Im erwachenden Jahr
sandtest Du sie zu mir:
dunkle Gefieder
voller Ahnungen,
Sehnsucht,
Verlangen und
Leidenschaft.

Im neigenden Jahr
schick ich sie
zu Dir:
zwischen den Flügeln
die Liebe –
nur diese,
unerfüllt.


aus Flamenca - Der unschuldige Duft des Jasmins
(c) Annette Gonserowski