Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








26. November 2012

Ülleken




Christrose auf dem Grab



Ülleken,
geliebter Zwilling,
Du fehlst mir,

Du bist in mir.

Eifersüchtig
bewahre ich
Deine Worte,
Deine Gesten,
all diese Bilder
fest in mir.

Ich möchte
mit Dir reden,
über Dich,
über die Liebe,
über das,
was uns verband:

unseren kleinen Alltag,
unser kleines Lächeln,
unser kleines Streitchen,
das nicht einmal Versöhnung forderte,
über unser Vertrauen,
über das grenzenlose Verstehen.

Nun
kann ich Dich nicht mehr fragen
nach all dem *Kleinen*,
das ein *Großes“ war:
unser gemeinsames Leben -
und kenn doch Deine Antwort.

© Annette Gonserowski

25. November 2012

Meinem Zwilling



Ich sehe Dich geh'n -
wie mühsam Dein Weg
in mein Alleinsein.

Du fehlst mir
so sehr.

Sorgsam behüte ich
Deine Worte, Deine Gesten
in mir.

Kein Wort  
über den Lippen. 

Nur meine Gedanken,
laut und schreiend
über Deinem Grab.

(c) Annette Gonserowski

14. November 2012

Für Ulrich





- Transkription Andreas Koch -

Das wunderbare Werk von Bonhöffer, dessen Text für Klavier/Orgel vertont wurde, transkripierte unser Freund für die Beisetzung von Ulrich für Gitarre.


Ulrich, Du fehlst mir sehr!


5. November 2012

Ulrich



An Deinem Abschiedstag
leuchteten die Sterne,
der große Wagen stand bereit,
Orion schulterte sein Gewehr,
dich zu empfangen.


Zur Frühstücksstunde
strahlte die Sonne,
Zur Abschiedsstunde
wischte Wind
Regen in die Tränen.

Nur im Wald
lachten Fuchs und Reh.


(c) Annette Gonserowski

Nevzat Yalcin



Zum Tod meines Schriftstellerfreundes, Nevzat Yalcin, möchte ich im Gedenken an ihn das nachstehende Gedicht veröffentlichen.

Lieber Freund Nevzat

Mit Dir kam die Sonne,
das Silber der Platanen,
das Licht des Morgens,
ins Abendland.
Der Wind,
der die Gischt Deines Meeres trug,
brachte uns Dich.
Er verfing sich
in den Blättern unserer Buchen
und verweilte.

Hier suchtest Du Heimat,
trugst das Unbekannte hinein
in das Unbekannte,
trugst das Fremde und Weite
in unsere Welt,
reichtest Vertrauen
und Worte auf lächelnden Lippen,
reichtet die Hände,
offnetest Deine und  unsere Sinne,
berührtest die Herzen,
wurdest Freund.

(c) Annette Gonserowski

aus: Nevzat Yalcin, Zwischen Orient und Okzident
Das von mir herausgegebene, mittlerweile vergriffene Buch, Titelgestaltung Claudia Ackermann

4. November 2012

Ülleken



Ülleken,

ich denk an Dich,
denk an Dein Kinderlachen,
denk an Dein Kinderweinen,
wie oft verbargst Du Deine Traurigkeit.


Wir waren klein,
wir waren groß,
wir waren schwach,
wir waren stark gemeinsam.

Am Ende dann,
da warst Du schwach,
ich mußte stark und fröhlich sein
und sammelte Deine Worte.

Da sagtest Du,
zum Ende hin,
das Kinderwort: "Annettchen",
nun unauslöschlich.

(c) Annette Gonserowski

2. November 2012

Dazwischen






Zwischen den Kreuzen
der in ferner, fremder Erde Ruhenden
und denen,
die hier in der Fremde ruhen,
Du,
in der Heimaterde.

Heute kein Laut
zwischen den Gräbern,
kein Vogelruf.

Knisternd
fällt Laub
in das Schweigen.

(c) Annette Gonerowski

25. Oktober 2012

Anrufung des Himmelsjägers



für meinen Jäger-Zwilling

Hey, Orion,
Himmelsjäger,
nimm mich mit
in Dein Revier,
damit ich mit Dir
durch die Himmelsphäre streife
und mich vom Erdensein verlier.

Ich will mit Dir
am Himmel jagen,
durch Regen, Wolken,
Schnee und Sturm,
dabei vergessen
Erdenschwere, alle Schmerzen,
Müh und Plag.

(c) Annette Gonserowski

21. Oktober 2012

Meinem Zwilling







Den Abschied aushalten,
den Tod,
die Stille aushalten,
die Leere, 
die Gedanken zulassen,
die Traurigkeit,
das Vermissen ertragen,
die Endlichkeit,
weinen.

(c) Annette Gonserowski 

16. Oktober 2012

Meinem geliebten Zwilling



Es ist die Stille,
die so tröstend ist.
Kein Wort,
kein fremder Atemzug
steht zwischen uns.

Heut, 
wo die Blätter fallen
und die Vögel ziehen,
soll ich Dich gehen lassen.
Wie trügerisch ist der Gedanke.

Du warst mit mir
im Mutterleib,
warst bei mir unser ganzes Leben.
Du bist in mir
und in der Stille lebst Du fort.

(c) Annette Gonserowski

Vorbei

Zogst mit
dem letzten Vogelschwarm.
Kein Halten mehr!
Dein Duft,
ihr Schrei
verweht im Wind.
Vorbei - vorbei.
-
Such Spuren
nun im Abendrot.
Such Dein Gesicht.
Nur einen Hauch!
Nur einen Ruf
im Dämmern noch!
Vielleicht - vielleicht.
-
Unter'm letzten Blatt
am kahlen Zweig:
die Feder dort!
Ein Atemzug?
Ein Flügelschlag?
Wolken treibt
der Wind - der Wind.
 
(c) Annette Gonserowski
Dieses Gedicht schrieb ich für meinen Vater - nun ist es auch für seinen jüngsten Sohn, meinem geliebten Zwilling.

13. Oktober 2012

Traurigkeit



Es fiel ein Blatt,
das gestern grün
und voller Hoffnung war.
Es schwebte
sanft zur Erde
wie der Traum,
der im Erwachen
schwindet,
der Sehnsucht
in sich trägt,
wenn er uns streift
in Tagesstunden,
und wir weinen.


(c) Annette Gonserowski


12. Oktober 2012

Abschied






ca. 1977

ca.1978




 

Zwillingsgeschwister

für meinen Bruder Ulrich

Entsprungen sind wir einer Knospe,
geweckt hat uns ein Sonnenstrahl
-         zwei Blätter eines Baumes.

Zur selben Zeit sind wir gewachsen,
derselbe Sternenglanz traf unser Ohr,
uns traf gemeinsam Licht und Schatten.

Zwei Winde trennten unsere Zeit,
angstvoll sah ich Deinen Flug,
sah den gelösten Freudentaumel.

Der andere Wind riss mich dann mit,
ließ auch mich freudig tanzen
und trug mich fern von Dir.

Dort traf uns doch der eine Regen
und auch derselbe Tag.
Derselbe Wind hob uns empor,

ließ uns einander streifen
und trennte unseren Weg
zum selben Ziel des Humuswerdens.

(c) Annette Gonserowski
aus: Zwischen den Sonnengängen ca. 1984 
Mit diesem Gedicht nehme ich tieftraurig Abschied von meinem geliebten Zwillingsbruder. Er war meine zweite Hälfte.

9. Oktober 2012

Am See




Über dem Wasser
Libellen im Liebeswerben,
die Vögel im Flug.

Auf seinem glatten Spiegel
die Blätter der Ulme,
unser Bild - vertraut und nah.

(c) Annette Gonserowski

4. Oktober 2012

Heideherbst II



Dort, wo der Himmel
aufriß
ins Augenblau,
die Hufe der Pferde
trommelten
auf zerrinnenden Sand,
such ich die Spur
Deiner Worte -
Silbe um Silbe
verweht.

Nur noch Dein Lächeln
im Heidegras,
noch noch die Nähe
in dunkler Frucht.
In den Zweigen
die Vögel,
bald flüchtend
vor Kälte uns Eis,
nehmen sie mit -
unsere vergangene Zeit.

(c) Annette Gonserowski

2. Oktober 2012

Flohmarkt



Auf den Tischen Dinge
aus vergangenen Zeiten:
eine Kaffeetasse mit Goldrand,
der Kelch,
der Hut mit der verlorenen Feder.

Wir stehen davor,
erkennend,
erinnernd -
wieder weit und schutzlos
unser Herz.

Du lächelst mich an -
ich drück Deine Hand -
unvergänglich dieses
seit alter Zeit.

(c) Annette Gonserowski