Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








25. Juni 2016

Sonnenwende


Aufgenommen beim Sonnenuntergang am Mittsommernachtstag



Einen Hahnenschrei
kürzer
der Tag
entfernend
der Eidergans Ruf
taumelnd
die Stunde
im Wind
ein Blatt
treibend
ruhelos
wir
umklammern
die Hand
bei dem Eintritt
in die einen Hahnenschrei
kürzere
Nacht.

(c) Annette Gonserowski
aus "Freund Gedicht"

Ich schrieb dieses Gedicht ohne Punkt und Komma, um die Flüchtigkeit der Zeit aufzuzeigen.

19. Juni 2016

Meinen Freunden







 

Du nimmst die Zeit

- um an mich zu denken

die Zeit

- mit mir zu reden

die Zeit

- mir zuzuhören

die Zeit

Zeit - das kostbarste Gut unseres Hierseins

Zeit

- unkäuflich

- unwiederholbar

- begrenzt

Deine Zeit

-für mich,

(c) Annette Gonserowski

aus einem Buch "Aufatmen" 1982


Einlösung des Weihnachtsgeschenkes unserer Freunde:
gemeinsam mit ihnen eine Fahrt mit der Wuppertaler Schwebebahn im Kaiserwagen, bei Kaffee und Kuchen und Vorträge über Stadt und Bahn durch das Kaiserpaar

Danke Ihr Lieben. Es war sehr schön!

 

18. Juni 2016

Die Möwen auf dem Kap San Antonio




 
Lass mich von den Möwen erzählen.

Auch dieses Mal traf ich sie. Ich hatte es nicht anders erwartet. Auf dem Kap, der Heimat des Windes, war ich fast sicher, sie anzutreffen.

Sie lieben den Wind von alters her.

Schon von weitem hörte ich ihr bekanntes kalkweißes Lachen. Sie erwarteten mich.

Auch ich bin ihnen vertraut, schon seit Jahren.

Schon waren sie um mich, ein Schwarm von fast hundert.

Erkennendes Lachen.

Ich lachte zurück: „Seid gegrüßt meine Freunde!“ Schwerelose Segler am abendlichen Himmel.

Zwischen den Federn Geschichten der Meere, von Freiheit und Ferne, das Salz vieler Wellen.

Sie stießen herab von den Klippen in Richtung des Meeres, in Richtung der rollenden Steine, der fliehenden Fische.

Erhaschten die Beute vom heimkehrenden Boot - auch heute fuhr dieses zum Hafen.

Und wieder: sie ließen sich tragen vom steigenden Wind zu mir auf die Klippen.

Ihr Segeln und Gleiten, das Stellen der Flügel, mal kalkweiß, dann nachtschwarz gegen den Himmel - es war nur für mich.

Ich wanderte unter ihnen ganz nah am Rande der Klippen, den Blick auf zu dem Himmel gerichtet. Sie begleiteten mich, vollführten ihr Können. Ihr Flug war bizarr gegen die sinkende Sonne.

Ich setzte mich an den Olivenbaum. An seinen Stamm, der gedreht ist von den wechselnden Winden.

Sie blieben über mir. Stießen in den dunkleren Himmel, ließen sich tragen und fallen und gleiten, drehten im Flug ihre Köpfe zu mir, bemerkten die Freude und riefen mir ihr krächzendes Lachen zu.

Kalt wurde es ohne die wärmende Sonne.

So musste ich gehen - für heute.

Ich sah sie entschwinden, hoch über dem Meer in Richtung des Berges, zum verglühenden

Licht.

 
© Annette Gonserowski

16. Juni 2016

Ein Abend im Süden


 

Ein Abend im Süden, auf der Terrasse eines Hauses in Spanien.

Flaches Licht, haltsuchend im Palmwedel, fortgeweht zum Pinienzweig, auch heute aufgescheucht vom Girlitz, der es krächzend zum Bergmassiv treibt, an dessen karger Gebirgswand es eine kurze Zeit leuchtend verweilt, vergeblich wie jeden Tag, um hinter ihm zu verglühen.

Überall das Rauschen des Meeres ganz nah.

Dieses nie endende Brausen, das Bringen und Nehmen, das Kommen und Gehen, Ankunft und Abschied.

Palmwedel, dattelträchtig, schwarzzüngig und biegsam, durchzogen vom rastlosen Wind.

Wind, der auch mich umschmeichelt, er kam über das Meer, trägt Gischt und Geschichten von Wasser und Inseln.

Streicht über die Wangen, die Arme, den Körper. Lässt Salz zurück auf den Lippen, den Geruch dieses Meeres, die Ferne, das lockende Sehnen.

Schon tiefschwarz der Himmel, industriedunstlos und nachtklar, raumgebend dem den Meer entsprungenen Mond, den leuchtenden Sternen, dem jagenden Orion.

Unter dem Strauch das Stakkato der Zikaden. Auch sie schlaffrei und rastlos.

In der Ferne bellende Hunde. Beutegewohnt durchstöbert ein streunendes Rudel Müll an den Straßen.

Lautlose Tatzen der wildernden Katzen umschleichen das Haus.

Nun wieder Stille. Nur Brausen des Meeres, Schmeicheln des Windes, das Spiel der Gedanken.

Und ich dir ganz nah.

 

 
© Annette Gonserowski

14. Juni 2016

Ein Morgen im Süden



 

Ich möchte dich an dem heutigen  Morgen am Meer teilhaben haben lassen.

Es schläft noch fast, das Meer, an diesem Morgen. Verschlafene Wellen plätschern an den Fels, rollen über Kiesel, um zu verträumen an Land.

Kiesel, rund wie der Mond, der noch immer über dem Bergmassiv steht, rund wie die Muttererde, rund wie das All.

Am Himmel schon Venus, hellwach nach langer Nacht.

Das Meer pastellen in seiner Ruhe, silbern wie das Haar der Großmutter, zart wie die rosafarbene Haut eines Säuglings, geheimnisvoll wie das Blau deiner Augen im Morgengrauen.

Unweit ein springender Fisch. Silberner Augenblick, schon wieder versunken.

Weit hinten am Horizont auf der Straße von Gibraltar nach Marseille, ein weißes Schiff.

Lautlos zieht es vorbei. Reisende zwischen Nacht und Tag, zwischen Abend- und Morgenland.

Ganz weit hinten, in der gedachten Linie von der Landzunge über das Meer, in Höhe der schwarzen Palmwedel, färbt sich der Himmel rosa.

Warte noch. Einen Augenblick vielleicht. Schon wird er farbiger. Das Rosa wird dunkler, verfärbt sich zum Purpur, beginnt nun zu leuchten.

Nachtmüde segelnde Wolken beginnen zu glänzen.

Strahlenumsäumte Boten des Heute.

Purpurn nun Himmel und Meer.

Dicht auf dem Meer ein Glühen, ein winziges Halbrund.

Schon wird es größer. Besiegt nun das Meer, erobert den Himmel. Kreisrunde, nachtrote Sonne. Wegbereiter des neuen Tages.

Auf dem Meer, auf glitzernden Wellen, nun ihre Straße. Ihr Ahnen und Werden, ihr Träumen und Wissen.

Verbindung zwischen Nacht und Morgen.

Nun streben die Fischer vom Meer in Richtung des Hafens.

In langer Reihe ziehen die Boote, weiß wie die Muscheln auf dem Meeresgrund, weiß wie die Gischt auf den Wellen. Weiß auch die Möwen darüber, weiß deren fordernder Schrei.

Höher die Sonne am Himmel. Golden bereits, vertreibt sie den Mond hinter die Felsen des Berges, lässt das Bergmassiv erstrahlen, auch heute für eine kurze Weile.

Erwacht sind die Wellen, geschwätzig und rastlos in dieser jungen Zeit.

Ich wende den Schritt.

Dies war meine Stunde, zwischen Schlaf und Erwachen.

War selbst Gestern und heute.

Gehe nun in diesen Tag.

 
© Annette Gonserowski