In der vergangenen Woche besuchte uns unser Freund, der seit Jahrzehnten in Brasilien lebt, gemeinsam mit seiner Frau. Immer wenn er in Deutschland weilt und es sich einrichten lässt, besucht er uns
Wir kennen uns nunmehr genau 40 Jahre lang, so lange hat diese Freundschaft über Ländergrenzen hinaus Bestand.
Darum veröffentliche ich hier ein Kapitel aus meinem Buch "Liebe Mutti", das diesem Freund gewidmet ist, ändere nur die Dauer der Freundschaft, die in dem Kapitel *erst* 16 Jahre bestand. Ich schrieb dieses vor Veröffentlichung des Buches, genau vor 24 Jahren.
Danke, für diese Freundschaft, lieber Elmar und danke, liebe Sonia!
Aus "Liebe Mutti"
Elmar
war bei uns.
Nun
ist es nicht einmal vierundzwanzig Stunden her, seit er bei uns ankam. Mehr als
neun Stunden sind bereits vergangen, seit er von uns Abschied nahm.
Langersehnte,
kurze, intensive Zeit des Glücks.
Ein
Wiedersehen nach über zwei verstrichenen Jahren. Spüren einer Freundschaft, die
vor vierzig Jahren begann, die einer überwiegenden Trennung von mehr als
siebenundzwanzig Jahren und einer Entfernung von zehn Flugstunden standhält.
Bei
seiner Ankunft wieder dieses intensive Gefühl der Nähe und das grenzenlose
Erstaunen hierüber.
Eigenartig
vorher dieses fiebrige Erwarten der Ankunft, dann die Freude, die nicht zu
bändigen ist, bei der das Herz mehr Raum benötigt, die die Enge der Haut spürbar
macht, die aus den Augen hervorbricht und den Mund strahlen lässt.
Freude
- bei der die Worte sprudeln wollen und die letztendlich doch sprachlos macht.
Fassungslose
Erleichterung, weil die Umarmung genauso herzlich ist wie früher, das
altbekannte Funkeln in den Augenwinkeln blitzt und sein strahlendes Lächeln
Worte überflüssig macht.
Und
auch:
die
Angst, die sich einschleicht, ob nicht überreizte Sinne die Wahrnehmung
verwirren, Gefühle Clownsspiele treiben und dies Glück gar nicht existiert.
Zurückhaltender
schon - vorsichtiges Tasten.
Es
werden Entfernung messbar, verflossene Monate spürbar.
Natürlich
sind Monate verflossen, die man nicht gemeinsam erlebte, natürlich ist die
Entfernung nicht nur in Kilometern zu messen und natürlich gibt es nicht nur
Ländergrenzen...
Das
gegenseitige Verlangen, Verflossenes nachzuvollziehen, Vergangenes greifbar zu
machen, bietet aufkommen wollendem Schmerz kein Platz.
unaufhaltsam
die tickende Uhr.
Zum
Zerbersten beteiligt alle Sinne, bereit, die Kostbarkeiten aufzunehmen.
Und
doch:
es
bleiben Gedanken verborgen, Worte unausgesprochen, es bleibt der Wunsch
festzuhalten.
Heute
Morgen fuhr er fort.
Die
Tränen in seinen Augen- eigentlich hatte ich sie nicht erwartet und doch
überraschten sie mich nicht.
Überrascht
haben mich seine Worte: „Ich bin froh, dass du lebst...“
Verbannt
die Wäsche des Gästebettes in die Waschmaschine, anvertraut den Duft seines
Rasierwassers dem geöffneten Fenster des Gästebades, verankert die unstillbare
Sehnsucht in jede Kammer des Herzens.
Spürbar
in jedem Raum seine Nähe.
Aufbewahrt
im Innern die Gefühle, die wiederum ausreichen um zwei Jahre zu überbrücken.
Kostbar
das Erinnern an jede Minute seines Hierseins.
(c) Annette Gonserowski
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