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22. April 2006

Besuch des Freundes

Elmar war bei uns, unser Freund seit vielen Jahren.
Nun ist es nicht einmal vierundzwanzig Stunden her, seit er bei uns ankam.
Mehr als neun Stunden sind bereits vergangen, seit er von uns Abschied nahm.

Langersehnte, kurze, intensive Zeit des Glücks.

Ein Wiedersehen nach über zwei verstrichenen Jahren. Spüren einer Freundschaft, die vor sechzehn Jahren begann, die einer überwiegenden Trennung von mehr als dreizehn Jahren und einer Entfernung von acht Flugstunden standhält.

Bei seiner Ankunft wieder dieses intensive Gefühl der Nähe und das grenzenlose Erstaunen hierüber.

Eigenartig vorher dieses fiebrige Erwarten der Ankunft, dann die Freude, die nicht zu bändigen ist, bei der das Herz mehr Raum benötigt, die die Enge der Haut spürbar macht, die aus den Augen hervorbricht und den Mund strahlen läßt.
Freude - bei der die Worte sprudeln wollen und die letztendlich doch sprachlos macht.

Fassungslose Erleichterung, weil die Umarmung genauso herzlich ist wie früher, das altbekannte Funkeln in den Augenwinkeln blitzt und sein strahlendes Lächeln Worte überflüssig macht.

Und auch:
die Angst, die sich einschleicht, ob nicht überreizte Sinne die Wahrnehmung verwirren, Gefühle Clownsspiele treiben und dies Glück gar nicht existiert.

Zurückhaltender schon -
vorsichtiges Tasten.
Es werden Entfernung meßbar, verflossene Monate spürbar.

Sehnsucht nach Nähe.

Ein kaum merkbares Klimpern seiner Augen: wie vertraut es ist - wie lange schon vermißt. Es reißt kaum errichtete Mauern ein, bietet der Erleichterung Raum.
Natürlich sind Monate verflossen, die man nicht gemeinsam erlebte, natürlich ist die Entfernung nicht nur in Kilometern zu messen und natürlich gibt es nicht nur Ländergrenzen...
Das gegenseitige Verlangen, Verflossenes nachzuvollziehen, Vergangenes greifbar zu machen, bietet aufkommen wollendem Schmerz kein Platz.

Kurz nur die zur Verfügung stehenden Stunden -
unaufhaltsam die tickende Uhr.

Noch intensiver die Gedanken, mutiger die Worte im Wettlauf mit der verrinnenden Zeit.
Zum Zerbersten beteiligt alle Sinne, bereit die Kostbarkeiten aufzunehmen.

Und doch:
es bleiben Gedanken verborgen, Worte unausgesprochen, es bleibt der Wunsch festzuhalten.
Stärker die Sehnsucht nach Nähe.

Heute morgen fuhr er fort.
Die Tränen in seinen Augen- eigentlich hatte ich sie nicht erwartet und doch überraschten sie mich nicht.
Überrascht haben mich seine Worte: "Ich bin froh, daß Du lebst..."

Verbannt die Wäsche des Gästebettes in die Waschmaschine, anvertraut den Duft seines Rasierwassers dem geöffneten Fenster des Gästebades, verankert die unstillbare Sehnsucht in jede Kammer des Herzens.
Spürbar in jedem Raum seine Nähe.
Aufbewahrt im Innern die Gefühle, die wiederum ausreichen um zwei Jahre zu überbrücken.
Kostbar das Erinnern an jede Minute seines Hierseins.


(c) Annette Gonserowski

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