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10. Dezember 2007

Weihnachtliche Szene I




Das späte Nachmittagslicht fällt durch die eilenden Wolken. Der Himmel ist grau. Schneebedeckte Tannen säumen den Weg, der auf die Anhöhe führt. Sie tritt aus dem Wald heraus. Spuren der Waldtiere durchziehen das reine Weiß der Schneedecke auf dem Feld. Der Wind treibt die Schneeflocken über das Feld, umhüllt auch sie. Es ist der Nachmittag des heiligen Abends. Sie stapft durch den tiefen Schnee, ihr Hund springt übermütig um sie herum, beißt voller Übermut in Schneewehen, um weiterspringen, den Spuren nach, in die er seine dicke Schnauze steckt.
Stille – der Schnee schluckt alle Geräusche. Nur die Tannen auf dem Berg, rauschen behäbig im Wind, bewegen sich kaum sichtbar unter der Schneelast.
Stille, die in ihr Herz dringt. Vom Dorf im Tal dringt Glockenläuten zu ihr hinauf.
Nachdenklich und wehmütig geht sie Schritt für Schritt über die Lichtung zwischen den Wäldern, wehrt nicht den Gedanken, die aus dem Flockentreiben in sie dringen. Sorgen und das Gefühl der Einsamkeit machen das Herz schwer. Der Mensch, der sie liebt, den sie liebt, ist Kilometer entfernt in einer Reha-Klinik.
Die Kälte rötet ihre Wangen, kriecht durch den Stoff ihrer Hose, lässt die Schenkel prickeln. Ein längst vergessenes Kindheitsgefühl breitet sich in ihr aus, wohlig und tröstend.
Sie wird eins mit der Stille.
Mit jedem Schritt dem Glockenläuten näher, geht sie hinunter ins Tal, sieht von weitem Kinder an den Händen der Eltern zur Kirche gehen, hüpfend vor Freude.
Da werden auch ihre Füße leichter. Nun hüpft auch sie, zaghaft zunächst. Der Hund, fröhlich um sie herum, schnellt auf sie zu, nimmt ihr Spiel auf. Die Schneeflocken, weiß und rein, wirbeln leicht um ihr Lachen.

(c) Annette Gonserowski

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