Eigene Lyrik, Fotos und Bilder




Dieser Blog wird durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach archiviert.








12. Dezember 2007

Weihnachtliche Szene V



Vorweihnachtszeit. Vor wenigen Wochen ist der Vater gestorben.
Sie denkt an ihn, als sie über den Weihnachtsmarkt geht.
Die Straße ist voller Menschen, die sich in Vorfreude auf das Weihnachtsfest ins vorweihnachtliche Getümmel gestürzt haben. Aus den mit Tannenzweigen geschmückten Buden dringt der Duft von gerösteten Mandeln und gebratenen Champignons.
Aus dem Lautsprecher schallt das Lied „Oh Du fröhliche“. Die Menschen um sie herum lachen und scherzen, stehen Glühwein trinkend an dem Stand des Heimatvereins.
Sie wird weitergeschoben auf ihrem Weg. Sie fühlt sich allein inmitten der eilenden Menge.
Am Ende der Straße, dort, wo sich der Weihnachtsmarkt weiter verteilt in die angrenzenden Straßen, verlässt sie ihn fluchtartig.
Eilt nach Hause, zu ihrem Hund, legt ihm das Halsband um, zieht ihre dicken Wanderstiefel an, die wärmende Daunenjacke, stülpt über den Kopf die Kapuze und geht in die Stille des frühen Nachmittages.
Über dem Berg das flache Licht der Wintersonne. Die Wolken ziehen eilend über die Tannenwipfel. Sie geht allein mit ihrem Hund den Berg hinan.
Hier ist die Stille, nach der sie sich sehnte.
Sie taucht hinein, lässt sich von ihr umhüllen, spürt, wie die Gedanken ruhiger werden.
Stille, nichts als Stille – nur das Rauschen des Windes in Tannenwipfeln.
Stille – spürbare Stille. Spürbare Nähe derer, die sie liebt und die nur scheinbar nicht bei ihr sind.

(c) Annette Gonserowski

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen